Bericht von Manfred Schäfer
Seit Jahren sind die internationalen Liechtensteiner Jugend-Titelkämpfe beim Bayerischen Schach-Nachwuchs sehr beliebt und populär. Schon zum 20ten Mal in Folge reiste heuer eine bayerische Delegation ins Fürstentum. Dies liegt nicht nur an der landschaftlichen Vielfalt Liechtensteins (hier das milde Rheintal mit seinen ca. 400 Meter und dort die Berge mit Erhebungen von bis zu 2600 Meter), sondern in erster Linie an der einmaligen Atmosphäre, welche dieses Turnier Jahr für Jahr ausstrahlt. Denn neben den rein sportlichen Aspekten (man kann hier viel internationale Erfahrung sammeln) bietet dieses Turnier eine fast familiäre Atmosphäre, die sich quer durch alle Nationen erstreckt. Man kennt sich teilweise schon aus den Vorjahren und will zeigen, was man in der Zwischenzeit alles so dazugelernt hat. Einen maßgeblichen Anteil an diesem besonderen Flair tragen aber auch die beiden sehr erfahrenen Organisatoren Kurt Studer (Liechtensteiner Verbandspräsident) und Albert Baumberger (Internationaler Schiedsrichter) bei. Insgesamt fanden heuer 125 Nachwuchs-Denksportler aus fünf Nationen (Ungarn, Österreich, Liechtenstein, der Schweiz und Deutschland (Bayern, Thüringen und Württemberg) den Weg ins Fürstentum.
Die Titelkämpfe wurden in den vier Altersklassen U18, U14, U10 und einem Mädchen-Klassement mit jeweils 7 Runden Schweizer-System und einer Bedenkzeit von 2 x 30 Minuten durchgeführt. Dadurch, daß sich die Titelkämpfe über zwei Tage (Samstag und Sonntag) erstrecken, wird der Streßfaktor stark reduziert und so hat man zwischen den Runden und am Abend auch etwas Zeit, um z.B. die Partie mit seinem Gegner noch einmal durchzusprechen oder, um sich einfach näher kennenzulernen.
Tabelle_Liechtenstein_2011.pdf
Doch nun zur Meisterschaft selbst.
Besonders erfolgreich waren die BSJ'ler im U10-Klassement, wo mit Sebastian Reimann (SK 1908 Göggingen), Uli Weller (SK Buchloe) und Lukas Goderbauer (SC Moosburg 1956) heuer drei bayerische "Schwergewichte" mit am Start waren. Bereits am Ende des ersten Wettkampftages zeichnete sich schon ab, daß vermutlich alle drei ein gewichtiges Wort im Kampf um die begehrten Treppchen-Plätze mitreden werden. Allen voran Sebastian Reimann (siebter der Deutschen U10-EM 2011), der sich im Fürstentum keine Blöße gab und in souveräner Manier von Sieg zu Sieg eilte. Am Ende gelang ihm dann sogar das noch das Kunststück, den Siegerpokal mit einer völlig "lupenreinen Weste" aus den Händen von Liechtensteins Präsident Kurt Studer in Empfang nehmen zu können. Um so spannender verliefen dagegen die Kämpfe um die beiden noch verbleibenden Medaillenränge. Die aussichtsreichsten Anwärter nach dem ersten Wettkampftag waren der österreichische Spitzenspieler Phil Notegger (Wolfurt) sowie der Schweizer Routinier Lukas Meier (Will). Aber auch der schwäbische U10-Rapid-Sieger Uli Weller sowie der oberbayerische U10-Spitzenspieler Lukas Goderbauer konnten sich noch berechtigte Hoffnungen auf eine Medaille machen. Am Ende spannender Einzelbegegnungen konnte sich dann der Österreicher Notegger relativ ungefährdet über Silber freuen, doch an wen geht Bronze? Erst nach Beendigung der allerletzten Begegnung sowie der Ermittlung aller Wertungszahlen, konnte sich der überglückliche Uli Weller dann doch noch über Bronze freuen. Lukas Goderbauer belegte mit der besten Wertungszahl aller U10-Teilnehmer am Ende einen beachtlichen sechsten Platz.
Aber auch im U14-Klassement gab es aus bayerischer Sicht hervorragende Resultate. Allen voran der dritte Platz des mehrfachen schwäbischen Titelträgers Max Hess (Post-SV Memmingen). Nach einem fulminanten Start von Hess, traf dieser dann in Runde drei auf den an Nummer eins gesetzten österreichischen Titelverteidiger Emilian Hofer. Trotz engagierter und aufopferungsvoller Spielweise mußte der Allgäuer am Ende dann doch "die Segel streichen". Wie gut er mit dieser Niederlage umzugehen verstand, unterstrich er mit seinen drei darauffolgenden Siegen recht eindrucksvoll. Als ihm dann in der Schlußrunde noch ein Remis gegen den späteren neuen Titelträger Felix Bahl (Wolfurt) gelang, war bei Hess die Freude über Bronze riesengroß. Wenn man jedoch bedenkt, daß sich neben Hess mit Oleksandr Chernilovsky (Tarrasch 45 München), Frederik Bübl (SC Burlafingen), Benedikt Goderbauer (SC Moosburg) und Matthias Reimann (SK 1908 Göggingen) noch vier weitere BSJ-Talente unter den TopTen im U14-Klassement plazieren konnten, unterstreicht dies doch die gute Nachwuchsarbeit seitens der BSJ recht eindrucksvoll. So konnte sich der Münchener U14-Blitzmeister Oleksandr Chernilovsky sogar lange Zeit berechtigte Treppchen-Hoffnungen machen, ehe er dann in Runde sechs (vorletzte Runde) gegen Titelverteidiger Emil Hofer (Hohenems) seine erste Niederlage hinnehmen mußte und dadurch auch seine Medaillen-Hoffnungen dahinschmolzen. Am Ende konnte sich der Münchener Schnellschach-Spezialist dann über Rang sieben freuen. Aber auch Schwabens Vizemeister Frederik Bübl (SC Burlafingen) mußte sich während der gesamten Titelkämpfe nur einmal geschlagen geben. Ihm gelang dabei sogar ein Sieg gegen den mehrfachen österreichischen Medaillengewinner Alexander Fürst (Wolfurt). Der hoch zufriedene Bübl wurde am Ende dann mit Rang acht in diesem Megafeld belohnt. Grund zu großer Freude gab es aber auch beim oberbayerischen U12-Meister Benedikt Goderbauer (SC Moosburg 1956), der sowohl mit seinen gezeigten Leistungen, als auch mit seiner Plazierung (Rang neun) hoch zufrieden zu sein konnte. Ihm gelang sogar das Kunststück, dem späteren Vizemeister Christophe Roder (SG Biel) in Runde drei ein verdientes Remis abzunehmen. Last but not least gelang auch dem 13jährigen Augsburger Matthias Reimann (SK 1908 Göggingen) bei seinem internationalen Debüt gleich auf Anhieb mit Rang zehn der Sprung unter die TopTen. Etwas Pech hatte Reimann in der zweiten Runde, wo er gegen den späteren Vizemeister Christophe Roder - trotz vielversprechender Stellung - am Ende der Zeitnotphase dann doch noch das Nachsehen hatte. Letztendlich kann auch er sowohl mit seiner gezeigten Leistungen als auch mit seiner Plazierung (Platz zehn) sehr zufrieden sein.
Aber auch Alexander Eichler (Tarrasch 45 München), Dominik Semmler (SC Moosburg 1956), Nicolas Lagasse (SC Kempten 1878) und Daniel Gabler (SK 1926 Nördlingen-Ries) werden diese Titelkämpfe vermutlich noch lange in positiver Erinnerung behalten.
Genauso souverän wie Sebastian Reimann das U10-Klassement für sich entscheiden konnte, dominierte Luca Kessler (Dornbirn) das U18-Klassement. Silber ging hier relativ ungefährdet an Titelverteidiger Alexander Steinacker aus Gotha. Doch nun entbrannten im mehrköpfigen Verfolgerfeld erbitterte Kämpfe um Bronze. Mit dabei waren auch der mehrfache Münchener Medaillengewinner Djordje Zivkovic (FC Bayern München) sowie Schwabenmeister Julian Niedermayer (BC Aichach). Lange Zeit sah es so aus, als ob Niedermayer seinen minimalen Vorsprung ins Ziel retten könnte. Ihm gelang in Runde sechs (vorletzte Runde) sogar ein hochverdientes Remis gegen den späteren Vizemeister Streinacker und so kam es dann in der Schlußrunde gegen die Ungarin Klara Horvarth zum alles entscheidenden Duell um Bronze. Je länger die Partie andauerte, desto greifbarer schien der Sieg für Niedermayer zu sein, doch auf Grund ihrer sehr engagierten Spielweise konnte die Ungarin dann in der Zeitnotphase das Blatt dann doch noch zu ihren Gunsten wenden und Niedermayer auf Platz vier verdrängen. Wie hochkarätig besonders die Spitzengruppe im U18-Klassement letztendlich bestückt war, bekam auch der Münchener Routine Zivkovic zu spüren. Trotz oder gerade deswegen hat der Münchener allen Grund sich am Ende über Rang fünf zu freuen. Ihm gelang zudem in Runde fünf das Kunststück, dem an Nummer eins gesetzten Fabian Matt (ELO 2208) ein Remis abzunehmen. Aber auch Arthur Ermatov (SC Tarrasch München) kann mit seinen Abschneider (Platz 11) sehr zufrieden sein.